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Stevia rebaudiana: Grüner Zucker

Desserts geniessen ohne schlechtes Gewissen: Eine Pflanze aus Südamerika macht's möglich. Stevia enthält Stoffe, die bis zu 300 Mal süsser sind als Zucker und praktisch null Kalorien haben. Mit ihr lässt sich das Leben aus dem eigenen Kräuterbeet heraus versüssen.

 Stevia
Die hübsche, relativ unscheinbare Pflanze mit den winzigen weissen Korbblüten schmeckt süsser als Zucker, hat aber praktisch keine Kalorien.

Das degustierte Blatt zergeht zuckersüss auf der Zunge und weckt Erinnerungen an Lakritze. Es stammt von der Stevia-Pflanze, deren Naturstandort das Hochland zwischen Paraguay und Brasilien ist. Die Ureinwohner dieser Länder nutzen die Pflanze, die auch «Yerba dulce» (süsses Gras) genannt wird, seit Jahrhunderten als Heilpflanze, aber auch als Beigabe zum traditionellen Mate-Tee. Die hübsche, relativ unscheinbare Pflanze mit den winzigen weissen Korbblüten schmeckt süsser als Zucker, hat aber praktisch keine Kalorien. Sie verursacht keine Karies und beeinträchtigt auch nicht den Blutzuckerspiegel. Eine solche Wunderpflanze kommt wie gerufen in einer Zeit, in der sich die Leute vermehrt um ihre Gesundheit kümmern und darauf bedacht sind, sich ausgewogen zu ernähren.

Süss- oder Honigkraut

Das Süss- oder Honigkraut (Stevia rebaudiana) hat sich bei uns in den vergangenen Jahren mehr und mehr etabliert und ist mittlerweile vielen Leuten als gesunder Zuckerersatz bekannt. Tausende von Pflanzen gehen jede Saison über den Ladentisch. Auch in der Biogärtnerei Neubauer im thurgauischen Erlen werden in diesem Frühling erneut zahlreiche Stevia-Stecklinge kultiviert, um der grossen Nachfrage gerecht zu werden. Seit 2004 hat die Pflanze ihren festen Platz im hiesigen Sortiment und wird in Bioqualität produziert. Madlen Neubauer: «Es ist mir ein Anliegen, möglichst vielen Menschen die Gelegenheit zu geben, diese Pflanze kennenzulernen. Für mich ist sie eine grosse Hoffnungsträgerin, denn viele Zivilisationskrankheiten werden von einem zu hohen Zuckerkonsum verursacht. Süsskraut kann einen Riesenbeitrag zur Volksgesundheit leisten.»

Süsser als Zucker

Steviosid ist der wichtigste Inhaltsstoff der Stevia-Blätter und Urheber des süssen Geschmacks. Der reine Extrakt schmeckt 300 Mal intensiver als Zucker. Ein Gramm Steviosid enthält lediglich 0,21 Kilokalorien (kcal). Dies macht Stevia zu einem idealen Süssstoff für Diabetiker und Menschen mit Übergewicht. Auch bei Hyperaktivität hat man mit Süsskraut gute Erfahrungen gemacht: Weil ADHS durch die Einnahme von Zucker verstärkt wird, kann die Umstellung auf Stevia für Betroffene eine sinnvolle Massnahme sein.

Aber Stevia schmeckt anders als Zucker und ist zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig. Auch von der Konsistenz her sind die beiden Stoffe nicht zu vergleichen. Es erscheint deshalb sinnvoll, Stevia als ergänzendes Süssungsmittel zu betrachten und Zucker nicht komplett zu ersetzen – es sei denn, man hat gesundheitliche Gründe, die für eine Umstellung sprechen. «Jeder muss seinen eigenen Weg im Umgang mit dieser Pflanze finden», ist Madlen Neubauer überzeugt. «Mich freut es sehr, wenn Leute mit Stevia Erfolg haben. Ich will ihnen auf dem Weg zu einem reduzierten Zuckerkonsum helfen.»

Die Gärtnerin weiss viele Geschichten rund um das Honigkraut zu erzählen. In Erinnerung geblieben ist ihr etwa ein Vater, der ganz erleichtert war, Stevia in ihrem Sortiment zu entdecken. Seine beiden Töchter hätten die Pflanze so gerne und würden die Blätter wie Schokolade naschen – er müsse laufend für Nachschub sorgen! Dem Süsskraut wird übrigens auch Heilkraft zugeschrieben: Es kann zum Beispiel als Bestandteil von Zahnpasten und für die Mundhygiene eingesetzt werden und soll gegen Mundpilze helfen.

Licht und Wärme

Stevia stammt aus subtropischen Gefilden und ist dementsprechend frostempfindlich. Bei uns wird sie vorwiegend als einjährige Pflanze kultiviert. Ihre Ansprüche gleichen jenen von Basilikum, dessen Überwinterung relativ heikel ist und einen grünen Daumen sowie ein geeignetes Winterquartier voraussetzt. Stevia steht gerne geschützt und mag es weder zu trocken noch zu heiss. Die 50 bis 100 cm hohe Staude eignet sich für die Anzucht im Topf, kann aber auch in eine Kräuterspirale oder ins Gartenbeet integriert werden.

Aber aufgepasst: Auch Schnecken schmeckt das Kräutlein gut! Daher erst ins Freiland setzen, wenn es genügend robust ist und drei bis vier starke Triebe gebildet hat. Nährstoffe lassen sich in Form von Flüssigdünger oder Hornspänen verabreichen. Erfahrene Gärtner können sich auch selber an die Aussaat wagen. Hierfür muss die Temperatur bei mindestens 22 °C liegen, wobei unter Folie oder Glas ausgesät werden sollte. Stevia gehört zu den Lichtkeimern – Samen also nicht mit Erde zudecken.

Ernten und Konservieren

Vor der ersten Ernte des Laubs die Pflanze gut anwachsen lassen. Geerntet werden nicht einzelne Blätter, sondern die jungen Triebspitzen, die sich mit dem Finger abknipsen lassen. Auf diese Weise wächst die Pflanze zu einem recht verzweigten, kompakten Busch heran.

Ein einziges frisches Blatt genügt, um eine ganze Tasse Tee zu süssen. Lässt man die geernteten Blätter über Nacht trocknen, sind sie am nächsten Morgen noch süsser. Es gilt: Je trockener, desto süsser. Wer Stevia lieber in flüssiger Form bevorzugt, kann auf einfache Weise einen Extrakt herstellen. Dazu 2 dl Wasser aufkochen, eine Tasse frische Blätter zugeben und das Ganze zwei Minuten köcheln lassen. Anschliessend den Aufguss durch ein Sieb giessen und heiss in eine Bügelflasche abfüllen. Im Kühlschrank ist der Auszug bis zu sechs Monaten haltbar. Er lässt sich ideal zum Backen und Kochen verwenden. Die Dosierung ist Sache des persönlichen Geschmacks und muss ausprobiert werden.

Neigt sich die Stevia-Saison mit den ersten Frösten ihrem Ende zu, können die Blätter abgezupft und bei guter Belüftung an einem schattigen Ort getrocknet werden.

  • Artikel von:
  • Zeitschrift «Schweizer Garten»
  • Bildmaterial:
  • iStockphoto