Haustypen

Minergie: Energieeffizienzstandard für Wohnhäuser

Minergie ist ein Niedrigenergiestandard für kleine, grosse und unterschiedlich genutzte Häuser. Voraussetzung für das Qualitätslabel sind eine dichte Gebäudehülle und ein Mindestanteil an erneuerbaren Energien. Die Vorgaben zu Energieeffizienz, Eigenversorgung und/oder Bauökologie lassen sich spezifisch erweitern.

Minergie Wohnhaus
Minergie ist ein Qualitätslabel für energieeffiziente Neubauten sowie erneuerte Gebäude.

«Minergie» ist: erstens ein Verein, in dem der Bund, die Kantone und Wirtschaftsunternehmen zusammenarbeiten. Zweitens eine weltweit geschützte Marke. Und drittens ein freiwilliger Gebäudestandard für energieeffizientes Bauen. Neue und sanierte Häuser, die weniger Energie konsumieren, als von den Bauvorschriften verlangt, können ein solches Qualitätslabel beantragen. Bei der energetischen Erneuerung ist eine Zertifizierung auch in Etappen möglich.

Die Zertifizierung erfolgt nach einheitlichen Regeln; die Umsetzung wird von den Energiefachstellen der Kantone überprüft und genehmigt. Zertifizierbare Gebäudetypen sind unter anderem Wohnhäuser, Schulhäuser, Bürobauten oder Spitäler. Ein Minergie-Gebäude zeichnet sich zusätzlich zum sparsamen Energiestandard durch hohen Wohn- und Betriebskomfort aus. Dieser umfasst ein ausgeglichenes Raumklima – im Winter und im Sommer – sowie die systematische Frischluftzufuhr mit Feuchteausgleich, unabhängig von der spezifischen Lage des Gebäudes. Die Immobilienbranche schreibt dem Minergie-Standard deshalb weitere direkte und indirekte Zusatzeffekte zu wie:

  • Qualitätssicherung bei Bau und Betrieb eines Wohnhauses
  • höhere Wertbeständigkeit einer Immobilie

Minergie-Kriterien

Kriterium 1: Wärme und Strom

Energieeffiziente Häuser begnügen sich mit einem niedrigen Heizwärmebedarf, wozu eine gut gedämmte Gebäudehülle unverzichtbar ist. Die Kantone haben ihre Vorschriften in den letzten Jahren immer wieder verschärft. Der Minergiestandard verlangt trotzdem mehr: Der gesetzliche Schwellenwert für den spezifischen Energieverbrauch muss um rund einen Viertel unterboten werden können. Allerdings wird neben der Wärmebilanz auch die Gesamtenergieeffizienz beachtet, wozu auch der Bedarf an elektrischer Energie für Haustechnik und das Warmwassersystem sowie für Beleuchtung und Haushaltsgeräte gehört.

Ein Minergiezertifikat verpflichtet im Weiteren zum kontrollierten Luftwechsel. Dafür sind verschiedene Lüftungssysteme mit unterschiedlichem Installationsaufwand verfügbar. Ebenso zwingend schreibt der Minergie-Nachweis ein Luftdichtheitskonzept für die Gebäudehülle vor. Für die höherwertigen Zertifikatsvarianten «Minergie-P» und «Minergie-A» ist der Dichte-Nachweis auch mit einem praktischen Test zu erbringen.

Kriterium 2: erneuerbare Energien

Der Minergie-Standard schreibt zwar keine Heizsysteme oder Energieträger vor. Dennoch gelingt eine Zertifizierung eher, wenn zum Heizen und für die Wassererwärmung vor allem erneuerbaren Energien eingesetzt werden. Mögliche Heizenergiequellen/erneuerbare Energien sind Holz, Sonnenwärme oder Umgebungswärme mit Wärmepumpe. Ein Minergie-Zertifikat für fossil beheizte Gebäuden ist aber ebenso möglich, wenn gewisse Zusatzanforderungen eingehalten sind. In der Regel wird zudem eine Eigenstromproduktion verlangt.

Kriterium 3: Qualitätsprüfung

Um einer Abweichung zwischen erwarteter und effektiver Energieeffizienz respektive des theoretischen und praktischen Nutzerkomforts entgegenzuwirken, bietet der Verein «Minergie» zwei Zusatzoptionen für die Zertifizierung an: Die Minergie-Qualitäts-Sicherung (MQS) Bau umfasst ein Kontroll- und Dokumentationskonzept für die Bauausführung. Unter anderem sind sämtliche Bauprodukte nach Anlieferung auf der Baustelle per Augenschein zu überprüfen; ebenso sind die Inbetriebnahme und die Instruktion der gebäudetechnischen Anlagen schriftlich zu protokollieren. Demgegenüber setzt die Standardoption «MQS Betrieb» eine systematische Qualitätskontrolle im Betrieb voraus. Das dazugehörige Zusatzzertifikat wird erst nach mehrjährigem Energiemonitoring überreicht.

Zur Qualitätssicherung gehört auch, dass der Verein «Minergie» unter anderem Architekten, Gebäudeplaner, Gebäudetechniker und Installateure als Fachpartner akkreditieren kann. Solche Fachpersonen und Firmen sind auf der Webseite von Minergie abrufbar.

Unabhängig davon, ob ein Gebäude als Ganzes zertifiziert wird, lassen sich einzelne Bauteile und Komponenten als geprüfte Minergie-Module verwenden. Zu den funktionalen Modul-Kategorien gehören Fenster, Türe, Wandsystem und Dachaufbau, kontrollierte Lüftungsanlage, Beleuchtung, Gebäudeautomation und sommerlicher Wärmeschutz; am Markt verfügbare Produkte mit Minergiezertifikat sind ebenfalls auf der Webseite des Gebäudestandards aufgeführt.

Option 1: Niedrigstenergie mit Minergie-P

Minergie-P ist die Gebäudestandardvariante, die ursprünglich vom Passivhaus-Konzept abgeleitet wurde. Der Energiebedarf lässt sich weiter senken, weil die Sonne als passive Wärmequelle genutzt werden kann. Dies gelingt unter anderem mit grossen, nach Süden ausgerichteten Fenstern, einer kompakten Gebäudeform sowie einer optimierten Dämmung. Zu den vielen realisierten Beispielen gehören unter anderem Einfamilienhäuser, die nur mit Einzelraumofen beheizt werden müssen. Der Energiebedarf ist zwei Drittel niedriger als für den gesetzlichen Neubaustandard und mit den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft kompatibel. Eine Zertifizierung des Minergie-P-Standards ist sowohl für Neubauten als auch für Gebäudesanierungen möglich.

Die wesentlichen Voraussetzungen für die Realisierung eines Minergie-P-Gebäudes sind sodann:

  • Kompakte, gut gedämmte und dichte Gebäudehülle (u.a. Luftdichtheitstest)
  • minimale Eigenstromproduktion (gemäss MuKEn 2014)
  • Neubauten ohne fossile Brennstoffe
  • der Einsatz effizienter Beleuchtung, Geräte und allgemeiner Gebäudetechnik
  • kontrollierter Luftwechsel
  • sommerlicher Wärmeschutz
  • Energie-Monitoring für grosse Gebäude (ab 2000 m2 EBF)

Option 2: Eigenversorgung mit Minergie-A

Der Gebäudestandard «Minergie-A» erweitert die Palette mit einer energetischen Eigenversorgung aus erneuerbaren Energiequellen. Die positive Energiebilanz bezieht sich auf den Verbrauch an Raumwärme, zur Wassererwärmung, für die Gebäudetechnik und die mechanische Lüftung, die Beleuchtung und die Haushaltsgeräte. In der Regel eignet sich die Solarenergie zur lokalen Stromproduktion. Die Bilanz wird auf ein Jahr berechnet, so dass beispielsweise saisonale Überschüsse ins öffentliche Elektrizitätsnetz eingespeist werden dürfen. Empfohlen wird, das Selbstversorgungskonzept mit dem Niedrigstenergiestandard respektive einer Minergie-Variante zu kombinieren. Für eine Zertifizierung werden die Resultate eines mehrjährigen Energie-Monitorings verlangt.

Für die energetische Eigenversorgung gemäss Minergie-A-Standard sind folgende bauliche und technische Kriterien zu beachten:

  • Niedrigstenergiestandard: kompakte, gut gedämmte, dichte Gebäudehülle
  • kontrollierte Lufterneuerung, sommerlicher Wärmeschutz
  • Lokale Energieproduktion, zum Beispiel mit einer Photovoltaikanlage; Wärme- oder Stromspeicher; internes Lastmanagement (ev. mit Elektroauto)
  • In der Regel ohne fossilen Feuerung, mit Ausnahme von Fernwärme für die Notversorgung.

Bauökologie: Zusatz «Eco» für alle Varianten

«Eco» ist eine Erweiterung des Minergie-Labels, die sich mit allen Standards für Neubau und Sanierung kombinieren lässt. Dabei sind spezifische Anforderungen an die Baustoffe, deren Herstellung und Rückbau sowie Kriterien für eine gesunde, ökologische Bauweise zu erfüllen. Im Detail sind strenge Grenzwerte für eine geringe Schadstoffbelastung der Raumluft einzuhalten, der natürliche Tageslichteinfall zu optimieren respektive wiederverwendbare oder bereits rezyklierte Baustoffe einzusetzen. Einfamilienhäuser werden nach einem vereinfachten Verfahren beurteilt.

Die Eco-Anforderungen auf einen Blick

Gesundheit

  • gute Tageslichtverhältnisse
  • geringe Lärmimmissionen
  • geringe Schadstoffbelastung der Raumluft
  • geringe Immission durch Elektrosmog und Radon

Bauökologie/Ressourcen

  • nachwachsende Rohstoffe, hoher Anteil an wiederverwendeten Baustoffen wie Recyclingbeton
  • Bilanzierung der grauen Energie: geringe Umweltbelastung bei Herstellung und Verarbeitung der verwendeten Baustoffe
  • Geringe Schadstoffemission von Oberflächen und Materialien für Roh- und Innenausbau
  • einfach rückbaubare Konstruktionen

Minergie nach Sanierung: systematische Lösungen

Das Minergie-Zertifikat wird auch an energetisch erneuerte Gebäude verliehen. Das Prüfungsprozedere wird dabei vereinfacht, wenn man unter folgenden Systemvarianten wählt:

  • Für ungedämmte Bauten: spezifische Anforderungen an die Wärmedämmung einzelner Bauteile respektive der Gebäudehülle; erneuerbare Energien zum Heizen; Solaranlage zur Stromproduktion empfohlen.
  • Für teilweise erneuerte und jüngere Bauten: reduzierte Anforderungen an die Wärmedämmung der Gebäudehülle; erneuerbare Wärmeerzeugung.
  • Für Reihenhäuser: keine Wärmedämmung vorgegeben bzw. Anforderungen an Innendämmung; erneuerbare Wärmeerzeugung.
  • Artikel von:
  • Minergie und hausinfo
  • Bild:
  • istockphoto

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