Wände & Fassade

Solarfassade: eine vertikale Photovoltaikanlage

Das Photovoltaikmodul ist vorab auf Hausdächern anzutreffen, aber erobert nun auch die Fassaden von kleinen und grossen Wohnhäusern. Das Potenzial an Flächen ist ebenso gross wie der mögliche Energiegewinn. Eine vertikale Solarstromproduktion glättet die jährliche Ertragskurve sogar aus.

Eine Solarfassade an einem Glashochhaus ist genauso sinnvol wie ästhetisch
Das Potenzial an Flächen ist ebenso gross wie der mögliche Energiegewinn.

(lel) Mit der Energiestrategie 2050 des Bundes hat sich die Schweiz eine Energiewende vorgenommen, deren Hauptpfeiler den Ausstieg aus der Kernenergie und den massiven Zubau der erneuerbaren Energien bilden. Zum Umbau der Energieversorgung kann der Gebäudepark selbst einen erheblichen Beitrag beisteuern: Zum einen lässt sich hier ein grosser Anteil des inländischen Energiebedarfs einsparen. Zum anderen können die Gebäude zunehmend zum lokalen Produzenten von Energie mutieren.

Einige Kantone planen entsprechende Vorschriften; erste haben ihre Baugesetze bereits geändert: Auf die Besitzer von Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser kommt die Pflicht zu, einen Teil des Stroms, den sie auf dem eigenen Grundstück konsumieren, auch selbst zu generieren. Für diese lohnt sich aber, davon möglichst viel selbst zu verbrauchen, statt ihn ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Gemäss den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) ist es sinnvoll, den Eigenverbrauch mit der lokalen Produktion von Wärme zu kombinieren. Dazu eignen sich zum Beispiel Wärmepumpen, deren Antrieb auf elektrische Energie angewiesen ist. Zur Eigenversorgung mit Strom stehen jedem Hausbesitzer die Dachfläche, Balkonbrüstungen oder Fassaden zur Verfügung. Die Zahl der Häuser, die so zu einem kleinen Kraftwerk werden, nimmt stetig zu.

Solarfassade: ein multifunktionales, ästhetisches Bauteil

Eine Gebäudefassade muss einiges leisten und kann sogar noch mehr bieten: Sie trägt das Haus mit und bietet Schutz vor Witterungseinflüssen. Der technische Fortschritt hat inzwischen jedoch derart dünne Photovoltaikmodule hervorgebracht, dass diese ebenso als robuste Aussenverkleidung verwendbar sind. Und auch deren Ästhetik ist vielfältig anpassbar, so dass man eine Solarfassade längst nicht mehr als solche erkennt.

Die Produktion von Solarstrom an der Fassade macht aber auch energetisch Sinn. Zum Beispiel im Vergleich zu einer Photovoltaikanlage auf dem Dach: «Fassadenanlagen haben weniger jahreszeitliche Schwankungen und tragen so stärker zur Energieversorgung im Winter bei», sagt David Stickelberger Geschäftsleiter beim Fachverband für Sonnenenergie Swissolar . Das im Jahresgang relativ ausgeglichene Produktionsprofil von Solarfassaden sei wichtig, denn gerade in der kalten Saison steigt der Energiebedarf.

Das Potenzial für eine Solarstromerzeugung an der Fassade ist in der Schweiz beträchtlich. Eine Studie der Firma Meteotest ergab, dass die am besten geeigneten Fassaden hierzulande jährlich fast 6 Terawattstunden (6 Milliarden Kilowattstunden) PV-Strom bereitstellen könnten. Das sind 10 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Schweiz. Wer sich über das Potenzial der eigenen Liegenschaft ins Bild setzen will, kann sich mit der interaktiven Website www.sonnenfassade.ch weiterhelfen, die vom Bundesamt für Energie betrieben wird. Sie zeigt interessierten Hauseigentümerschaften wichtige Informationen zu Standorteignung und Wirtschaftlichkeit an. Weniger günstige Lagen befinden sich beispielsweise in dichten Zentren mit Schattenwurf. Doch einige Pilotprojekte wurden dennoch mitten in Städten realisiert.

PV-Hülle: Wie wirtschaftlich sind sie?

Swissolar-Geschäftsleiter Stickelberger empfiehlt, die Wirtschaftlichkeitsberechnung durch einen Spezialisten zu konkretisieren. «Dieser berücksichtigt auch den Strombedarf des Hauses; nicht der Gesamtertrag entscheidet. Ein optimierter Eigenverbrauch ist wesentlicher für den wirtschaftlichen Betrieb.» Bei der Suche nach Solarfachleuten hilft das Internetportal www.solarprofis.ch weiter. Die Kosten und die Wirtschaftlichkeit sind mit konventionellen Fassadenverkleidungen zu vergleichen. «Im Allgemeinen gilt: Solarfassaden sind etwas teurer als vorgehängte Glas-, Metall- oder Eternit-Fassaden», sagt Stickelberger. Die Montage und das Konstruktionsprinzip gleichen sich in etwa; auch die PV-Module sind zuletzt deutlich günstiger geworden. «Der Mehrpreis einer Solarfassade», fügt Stickelberger hinzu, «sollte in der Regel nach spätestens 15 Jahren amortisiert sein.» Der Energieertrag und die Strompreise beeinflussen diese Rechnung ebenfalls mit.

Gebäude integrierte PV: zusätzlicher Support wünschenswert

Der Bau von Photovoltaikanlagen wird staatlich mit einer Einmalvergütung finanziell unterstützt. Spezifische Förderinstrumente für Solarfassaden gibt es jedoch kaum. Eine Ausnahme ist die St. Galler Gemeinde Weesen, die explizit «schön integrierte Fassadenanlagen» fördert. Stickelberger lobt diese Initiative als pionierhaft, auch wenn die kommunalen Förderbeiträge in der Regel niedriger sind als die Einmalvergütung des Bundes.

Einer grösseren Verbreitung von Solarfassaden stehen Vorurteile betreffend der Ästhetik der Solarmodule im Wege. Dies beginnt sich jedoch zu ändern. «Bei den Architekten muss noch einige Skepsis gegenüber dieser Anwendung abgebaut werden. Im Dialog zwischen Architektur und Solarindustrie wird die heute noch relativ kleine Produkteauswahl ausgeweitet werden, sodass für fast alle Anwendungen geeignete Solarmodule – in unterschiedlichen Farben, Texturen und Grössen – zur Verfügung stehen werden», bemerkt Stickelberger. Bisher sei die solare Stromerzeugung praktisch nur bei vorgehängten Fassaden möglich. «Andere Anwendungen werden sicher bald folgen», ist Stickelberger überzeugt. 

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