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Erben erben nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden. Wenn Sie unsicher sind, ob die Schulden höher sind als das Vermögen oder Sie den verstorbenen Onkel nie besonders gemocht haben, können Sie das Erbe ausschlagen. Wie geht das und was sollten Sie bedenken, bevor Sie sich entscheiden?
(rh) Wer erbt, erbt Rechte und Pflichten. Das heisst Vermögen und Schulden. Die meisten, die eine Erbschaft ausschlagen, haben Angst, mehr Schulden als Vermögen zu erben. Andere verzichten, weil sie kein gutes Verhältnis zum oder zur Verstorbenen hatten und deshalb nichts von der Erbschaft wissen wollen. Alle gesetzlichen und eingesetzten Erbinnen und Erben dürfen ein Erbe ausschlagen, niemand kann gezwungen werden, eine Erbschaft anzutreten. So steht es in Artikel 566 des Zivilgesetzbuches. Dafür haben sie drei Monate Zeit. Falls sie die Frist verstreichen lassen, gilt die Erbschaft als angetreten – und sie haften mit ihrem Privatvermögen für alle bekannten und unbekannten Schulden des oder der Verstorbenen.
Wenn Sie als Erbin oder Erbe unsicher sind, was Sie erwartet, sollten Sie sich zuerst eine Übersicht über alle Vermögenswerte verschaffen. Schauen Sie sich die letzte Steuererklärung und die aktuellen Kontoauszüge an oder bestellen Sie einen Betreibungsregisterauszug. Falls die finanzielle Situation trotzdem noch unklar ist, können Sie bei den Behörden am letzten Wohnort der verstorbenen Person ein öffentliches Inventar bestellen. Dafür haben Sie vier Wochen Zeit. Das Inventar ist ein Verzeichnis aller bekannten und gemeldeten Vermögenswerte und Schulden. Entscheiden, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, müssen Sie erst nach Abschluss des Inventars. Sie können die Erbschaft auch nur unter öffentlichem Inventar annehmen, dann haften Sie nur für Schulden, die im Inventar aufgeführt sind.
Gut zu wissen: Ein öffentliches Inventar dauert monatelang und kostet einige tausend Franken. Falls der Nachlass dafür nicht reicht, muss die Person die Rechnung begleichen, die das Inventar bestellt hat.
Manchmal werden Sie aufgefordert, einen Erbschein vorzulegen, wenn Sie Informationen über die finanziellen Verhältnisse sammeln. Tun Sie das nicht. Sobald Sie einen Erbschein beantragen, gilt die Erbschaft als angenommen. Fragen Sie, ob die Sterbeurkunde mit einem Auszug aus dem Stammbuch genügen. Gemäss Artikel 571 ZGB verwirken Erbinnen und Erben ihr Recht auf Ausschlagung, sobald sie …
Eine Erbausschlagung wird vermutet, wenn «die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes amtlich festgestellt oder offenkundig ist» (Artikel 566 ZGB). In diesem Fall müssten Sie eine Erbschaft ausdrücklich annehmen.
Die Erbausschlagung ist einfach und kostet zum Beispiel im Kanton Bern 30 Franken. Ein eingeschriebener Brief an die zuständige Behörde genügt: Im Kanton Bern die kantonalen Regierungsstatthalterämter, im Kanton Basel-Stadt das Erbschaftsamt oder im Kanton Zürich das Bezirksgericht am letzten Wohnort der verstorbenen Person. Wenn Sie ausschlagen, geht das Erbe an Ihre gesetzlichen Erbinnen und Erben, die ihrerseits drei Monate Zeit haben, das Erbe auszuschlagen. Falls alle ausschlagen wird der Nachlass vom Konkursamt im Wohnkanton der verstorbenen Person liquidiert (Artikel 573 ZGB). Mit dem Erlös werden alle bekannten Schulden soweit wie möglich gedeckt. Ein allfälliger Überschuss wird unter den Erbinnen und Erben aufgeteilt, selbst wenn sie die Erbschaft ausgeschlagen haben (Artikel 573 ZGB).
Gut zu wissen: Wenn Sie beispielsweise Ihren Onkel nicht mögen und nichts von ihm erben wollen, können Sie mit ihm einen Erbvertrag abschliessen und schon zu seinen Lebzeiten auf das Erbe verzichten.
Wenn Sie eine Erbschaft ausgeschlagen (oder angenommen) haben, können Sie die Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. Sie können aber die Erbausschlagung anfechten, wenn Ihnen beispielsweise wichtige Informationen fehlten, als Sie auf Ihre Erbschaft verzichtet haben. Für eine Anfechtung sollten Sie unbedingt mit einem auf Erbrecht spezialisierten Anwalt reden und sich kompetent beraten lassen.
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