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Erben in Patchwork-Familien

In der Schweiz gibt es immer mehr Patchwork-Familien. Trotzdem orientiert sich unser Erbrecht immer noch an traditionellen Familienmodellen. Darum ist ein Erbvertrag oder Testament für Patchwork-Familien sinnvoll – und guter Rat wertvoll, weil jede Familienkonstellation anders ist.

Erben in Patchwork-Familien
Das Erbrecht orientiert sich an traditionellen Familienmodellen. Darum ist ein Erbvertrag oder Testament für Patchwork-Familien sinnvoll.

(rh) Gut die Hälfte aller Ehen in der Schweiz wird geschieden. Viele heiraten danach noch einmal und gründen eine Patchwork-Familie, wenn sie, er oder beide Partner:innen Kinder in die neue Familie einbringen. Obwohl solche Partnerschaften und Lebensgemeinschaften immer häufiger sind, orientiert sich das Schweizer Erbrecht immer noch an traditionellen Familienmodellen. Immerhin steigt mit dem neuen Erbrecht, das seit Anfang 2023 in Kraft ist, der Spielraum für die Gestaltung des Nachlasses. So steigt zum Beispiel die verfügbare Quote, die Erblasser frei verteilen können, von drei Achteln auf die Hälfte des Nachlasses.

Was ein paar Minuten ausmachen können

Peter und Nadja wollen es noch einmal wissen und heiraten. Peter bringt zwei Söhne in die neue Familie ein, Nadja zwei Töchter. Weder sie noch er regeln den Nachlass mit einem Erbvertrag oder Testament. Darum gilt das Erbrecht. Wenn Peter stirbt, erben Nadja die Hälfte und Peters Söhne je einen Viertel. Nadjas leibliche Kinder gehen leer aus. Wenn Nadja später stirbt, erben ihre Töchter das Vermögen ihrer Mutter einschliesslich Peters Nachlass. Dafür gehen Peters Söhne leer aus. Das ist dann ungerecht, wenn die Eltern kurz nacheinander sterben. Wenn beispielsweise Peter auf der Unfallstelle und Nadja erst auf dem Weg ins Spital stirbt, erben Peters Söhne viel weniger als Nadjas Töchter.

  Peter Sohn 1 Sohn 2 Nadja Tochter 1 Tochter 2
Vermögen 500’000 0 0 500’000 0 0
Peter stirbt   125’000 125’000 250’000    
Vermögen   125’000 125’000 750’000 0 0
Nadja stirbt   0 0   375’000 375’000
Vermögen   125’000 125’000   375’000 375’000

Wenn die Kinder schon volljährig sind

Ausser Ehepartner:innen und Adoptivkindern haben auch mit dem neuen Erbrecht nur Blutsverwandte einen gesetzlichen Erbanspruch. Pflegekinder und Stiefkinder in Patchwork-Familien nicht. Ausser, ihre Eltern begünstigen sie in einem Erbvertrag oder Testament. Viele Paare in Patchwork-Familien wollen, dass der oder die überlebende Partner*in alles erbt und die Kinder zu gleichen Teilen begünstigt werden, wenn der oder die überlebende Partner*in stirbt. Unabhängig davon, ob die Kinder aus erster oder zweiter Ehe stammen. Das kann mit einem Erbvertrag mit allen Kindern hieb- und stichfest geregelt werden. Aber nur, falls alle volljährig und einverstanden sind. Wenn nur ein Kind minderjährig ist, wird es schwieriger.

Lassen Sie sich fachmännisch beraten

Je komplexer die Familiensituation und je mehr Vermögen vorhanden ist, desto wertvoller ist guter Rat. Bevor Sie aber zum Anwalt oder Notar gehen, sollten Sie sich gemeinsam überlegen, wer wieviel erben soll, wenn der Vater oder die Mutter zuerst stirbt, und was mit dem Nachlass passieren soll, falls beide gleichzeitig sterben. Sobald sich die Eltern einig sind, kann der Anwalt oder Notar einen Erbvertrag aufsetzen. Je früher und transparenter Sie das regeln, desto entspannter können Sie mit den Themen Tod und Nachlass umgehen – und Sie ersparen Ihren Erben böse Überraschungen bei der Testamentseröffnung.

Gut zu wissen: Sie dürfen die Pflichtteile Ihrer leiblichen Kinder nicht verletzen, wenn Sie Ihre Stiefkinder im Erbvertrag oder Testament berücksichtigen. Ohne Testament haben leibliche Kinder Anspruch auf 50 Prozent, mit Erbvertrag oder Testament können Sie den Erbanspruch auf einen Viertel reduzieren.

Was hätten Peter und Nadja tun können?

Ehepaare wie Peter und Nadja, die keine gemeinsamen Kinder haben, können zuerst den überlebenden Partner, die überlebende Partnerin und danach ihre leiblichen Kinder begünstigen. Peter hätte Nadja als Vorerbin und seine Söhne als Nacherben einsetzen können. So hätte er verhindern können, dass die zwei Söhne nach Nadjas Tod leer ausgehen und ihre Töchter alles aus der frei verfügbaren Quote erben. Nadja hätte dieses Vorerbe nur verwalten dürfen, das heisst die Erträge nutzen, aber das Vermögen nicht antasten. Ausser, Peter hätte Nadja von dieser sogenannten Sicherstellungspflicht befreit. Dann hätte Sie auch das Vermögen verbrauchen dürfen.

Häufige Fragen

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