Einkaufswagen Suchen
Finanzieren & Kaufen
Recht
Bauen & Renovieren
Sichern & Versichern
Wohnen
Garten & Balkon

Erbrecht Schweiz: Pflichtteil, Nutzniessung und freie Quote

Anfang 2023 trat das revidierte Erbrecht in Kraft. Was hat sich für Erblasser und Erben geändert? Wir beantworten die häufigsten Fragen und erklären, was Pflichtteil, Nutzniessung und freie Quote sind.

Mit dem neuen Erbrecht haben Erblasser mehr Spielraum und können Menschen begünstigen, die ihnen besonders am Herzen liegen.
Mit dem neuen Erbrecht haben Erblasser mehr Spielraum und können Menschen begünstigen, die ihnen besonders am Herzen liegen.

(rh) Das schweizerische Erbrecht stammt aus dem Jahr 1912. In 111 Jahren haben sich die Beziehungs- und Familienformen verändert. Deshalb hat das Parlament Ende 2020 eine Revision des Erbrechts verabschiedet. Das revidierte Erbrecht berücksichtigt beispielsweise neue Lebensformen wie Patchwork-Familien und trat Anfang 2023 in Kraft. Es lässt den Erblassern mehr Spielraum und Flexibilität bei der Nachlassplanung.

Die gesetzliche Erbfolge

Das Erbrecht ist im dritten Teil des Zivilgesetzbuches (ab Artikel 457 ZGB) geregelt. Fehlt ein Testament oder ein Erbvertrag, wird der Nachlass nach gesetzlicher Erbfolge, das heisst Blutsverwandtschaft aufgeteilt: Nachkommen schliessen alle Verwandten aus, nähere Verwandte schliessen entferntere Verwandte aus. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner erben immer. Wenn der Erblasser ...

  • ... nur Nachkommen hinterlässt, erben diese alles.
  • ... eine Ehegattin oder eingetragene Partnerin und Nachkommen hinterlässt, erbt die Ehegattin oder eingetragene Partnerin die Hälfte und die Nachkommen die andere Hälfte.
  • ... nur eine Ehegattin oder eingetragene Partnerin hinterlässt, erbt diese 75 Prozent und die Erben des elterlichen Stammes (Eltern, Geschwister und Nichten oder Neffen) 25 Prozent.

Wer dies ändern will, kann in einem Erbvertrag oder Testament beispielsweise die Partnerin begünstigen und die Kinder auf den Pflichtteil setzen.

Die Pflichtteile

Das Erbrecht sieht vor, dass bestimmten Personen ein Pflichtteil zustehen, also ein Mindestanteil am Erbe. Auch wenn das Testament etwas anderes bestimmt. Mit dem neuen Erbrecht sind nur noch Ehepartner und direkte Nachkommen pflichtteilsgeschützt:

  • Ehegatten oder eingetragene Partner haben Anspruch auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, das heisst 25 Prozent des gesamten Nachlasses.
  • Kinder und Enkelkinder haben Anspruch auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, das heisst 25 Prozent des Nachlasses statt wie bisher 37,5 Prozent.
  • Eltern haben kein gesetzliches Erbrecht mehr.

Die freie Quote

Mit dem neuen Erbrecht erhöht sich die sogenannte freie oder frei verfügbare Quote von 37,5 auf 50 Prozent. Das ist der Teil des Nachlasses, über den der Erblasser mit einem Erbvertrag oder Testament nach seinem Willen verfügen kann. Er könnte beispielsweise seiner Ehefrau, seinem Konkubinatspartner oder seiner Lebenspartnerin 75 Prozent (25 Prozent Pflichtteil plus 50 Prozent freie Quote) zuweisen und seine Nachkommen auf den Pflichtteil setzen. Ohne Nachlassregelung müssten sich Partnerin und Kinder das Erbe hälftig teilen.

Wichtig: Auch mit dem revidierten Erbrecht haben unverheiratete Paare oder Stiefkinder kein gesetzliches Erbrecht. Sie müssen mittels Erbvertrag oder Testament begünstigt werden.

Die Nutzniessung

Die Nutzniessung ist sinnvoll, wenn sich Partner mit gemeinsamen Nachkommen gegenseitig begünstigen wollen. Die Begünstigung des Ehegatten kann beispielsweise vorsehen, dass der überlebende Partner weiterhin im gemeinsamen Haus wohnen oder die Liegenschaft vermieten kann und alle Mieteinnahmen behält, obwohl das Haus den Nachkommen gehört. Der Erblasser kann dem überlebenden Partner die Hälfte des Nachlasses zu Eigentum und die andere Hälfte zur Nutzniessung hinterlassen.

Erbvertrag und Testament

Testamente und Erbverträge, die vor dem 1. Januar 2022 errichtet wurden, bleiben auch unter dem neuen Erbrecht gültig. Die Revision ist aber eine gute Gelegenheit, sich über die Nachlassplanung Gedanken zu machen. Mit der grösseren freien Quote können Sie zum Beispiel Ihren Konkubinatspartner berücksichtigen, Ihren Ehepartner begünstigen oder Ihre Stiefkinder absichern. Lassen Sie sich am besten von einem Anwalt für Erbrecht beraten, wie Sie den grösseren Spielraum in der Nachlassplanung nutzen können, um Personen, die Ihnen besonders am Herzen liegen, besser zu stellen.

Häufige Fragen

  • Artikel von:
  • hausinfo
  • Bildmaterial:
  • Getty Images