Wünschen Sie sich mehr Tipps rund um Rechtsfragen?
Abonnieren Sie jetzt den Themen-Newsletter «Recht».
Als Stockwerkeigentümerin oder Stockwerkeigentümer besitzen Sie ein Sonderrecht an Ihrer Wohnung und sind an der ganzen Liegenschaft beteiligt. Was bedeutet das, wenn Sie beispielsweise Ihren Balkon verglasen wollen?
(rh) Rechtlich gesehen kaufen Sie keine Wohnung, wenn Sie eine Eigentumswohnung kaufen. Sie erwerben einen Anteil am gesamten Gebäude und das sogenannte Sonderrecht der Stockwerkeigentümerin oder des Stockwerkeigentümer, eine Wohnung ausschliesslich zu nutzen. Streng genommen ist es also nicht Ihre Wohnung. Neben diesem Sonderrecht räumen viele Stockwerkeigentümergemeinschaften ihren Miteigentümerinnen und Miteigentümern weitere ausschliessliche Nutzungsrechte ein. Zum Beispiel für Aussenparkplätze, Balkon, Dachterrasse oder Garten. Solche Bereiche können von Gesetzes wegen nicht Sonderrecht sein.
Was Sie im Sonderrecht nutzen, also die Wohnung, dürfen Sie frei gestalten. Solange Sie keine gemeinschaftlichen Bauteile beschädigen, ihre Funktion beeinträchtigen oder ihr Aussehen verändern. Tragende Wände dürfen Sie beispielsweise nicht einreissen, da sie die Statik und damit Ihre Nachbarinnen und Nachbarn gefährden würden. Das ist wohl allen klar. Zu Unstimmigkeiten führen meist Bauteile, die vom Gefühl her zur Wohnung gehören, juristisch aber nicht. Wie der Balkon, der Garten oder die Terrasse, aber auch die Fensterläden.
Im Zweifelsfall ist ein Bauteil, das sich nicht im Inneren der Räume im Sonderrecht befindet, gemeinschaftlich und darf ohne Zustimmung nicht verändert werden. Die Stockwerkeigentümerversammlung muss einverstanden sein, wenn Sie beispielsweise ihren Balkon verglasen. Ohne Zustimmung riskieren Sie mehr als nur Streit unter Nachbarn. Ein nicht bewilligter Eingriff in die gemeinschaftliche Bausubstanz gilt als Sachbeschädigung. Ihre Miteigentümerinnen und Miteigentümer könnten klagen und den Rückbau auf Ihre Kosten verlangen.
Über Umbauten an gemeinschaftlichen Teilen muss die Stockwerkeigentümerversammlung entscheiden. Wie viele Miteigentümerinnen und Miteigentümer für bauliche Massnahmen stimmen müssen, hängt davon ab, ob sie notwendig, nützlich oder luxuriös sind:
Notwendige bauliche Massnahmen sind Massnahmen, die für den Werterhalt oder die Gebrauchsfähigkeit unerlässlich sind. Zum Beispiel der Ersatz der Leitungen nach einem Wasserrohrbruch. Dafür genügt die Mehrheit der an der Stockwerkeigentümerversammlung anwesenden oder vertretenen Miteigentümerinnen und Miteigentümer. Wenn’s pressiert, kann ein Stockwerkeigentümer allein Massnahmen einleiten und die Leitungen auf Kosten der Gemeinschaft reparieren lassen. Falls das Stockwerkeigentum in Gefahr ist, ist er nicht nur berechtigt, allein zu handeln, sondern verpflichtet.
Nützliche bauliche Massnahmen sind Modernisierungsmassnahmen, die den Wert des Hauses, die Wirtschaftlichkeit und die Gebrauchsfähigkeit steigern. Zum Beispiel den Ersatz einer Ölheizung durch eine Wärmepumpe oder eine bessere Wärme- und Schallisolation. Solche Massnahmen brauchen die Mehrheit der an der Stockwerkeigentümerversammlung anwesenden oder vertretenen Miteigentümerinnen und Miteigentümer, die den grösseren Teil der Sache (Wertquote) vertreten.
Luxuriöse bauliche Massnahmen sind Massnahmen, die nur der Verschönerung oder Bequemlichkeit dienen. Zum Beispiel Marmorplatten im Treppenhaus oder ein Hallenschwimmbad im Untergeschoss. Weil oft nur einzelne Stockwerkeigentümerinnen oder -eigentümer davon profitieren, müssen alle zustimmen. Auch die, die an der Stockwerkeigentümerversammlung weder anwesend noch vertreten sind.
Bauliche Massnahmen sollten vorausschauend geplant werden, damit die Stockwerkeigentümer Zeit haben, Geld auf die Seite zu legen. Sinnvollerweise in einem Erneuerungsfonds. Der Schweizer Stockwerkeigentümerverband empfiehlt, 0,3 Prozent des Gebäudeversicherungswertes der Liegenschaft im Jahr einzuzahlen. Die Summe wird gemäss Wertquote auf die Miteigentümerinnen und Miteigentümer verteilt. Gerade bei älteren und sanierungsanfälligen Liegenschaften sollten Renovationen und Renovationskosten thematisiert werden.
Gewisse Gebäudeteile sind zwingend gemeinschaftlich. Zum Beispiel der Boden. Das heisst, der Garten kann einem Stockwerkeigentümer zwar zur ausschliesslichen Benutzung überlassen werden, darf aber von diesem nicht einfach so verändert werden. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft muss beispielsweise zustimmen, wenn der Stockwerkeigentümer einen Teich in «seinem» Garten anlegen möchte.
Abonnieren Sie jetzt den Themen-Newsletter «Recht».