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Als Besitzer einer Eigentumswohnung sind Sie Nachbar und Miteigentümer in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Das birgt Konfliktpotenzial. Weil Sie als Nachbar Rücksicht auf Ihre Nachbarn nehmen und als Miteigentümer die Interessen der Gemeinschaft mit Ihren persönlichen Interessen in Einklang bringen müssen.
(rh) Es gibt in der Schweiz kein Gesetz für das Nachbarschaftsrecht. Bund, Kantone und Gemeinden erlassen zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Bestimmungen. Die nachbarrechtlichen Bestimmungen des Bundes sind in den Artikeln 679 und 684ff des Zivilgesetzbuches festgehalten. Sie sind dispositiv. Die Eigentümer können sie durch eine Vereinbarung abändern oder aufheben. Falls eine Vereinbarung auch für Rechtsnachfolger gelten soll, zum Beispiel für die Erben oder Käufer, muss sie als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. Anders als solche zivilrechtlichen Bestimmungen sind öffentlich-rechtliche Bestimmungen wie Bau- oder Abstandsvorschriften zwingend und können weder geändert noch aufgehoben werden.
Artikel 684 ZGB verbietet übermässige Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn, beispielsweise Gestank, Lärm oder Rauch. Die Antwort auf die Frage, was übermässig ist, ist Ermessenssache – und darum immer wieder ein Fall für den Richter. Nachbarn, die sich geschädigt fühlen, können eine Beseitigungsklage gegen Überschreitung des Eigentumsrechts oder eine Unterlassungsklage gegen künftige Überschreitungen einreichen. Ausserdem können sie Schadenersatz für finanzielle Beeinträchtigungen einklagen. Ob der Gang vor Gericht sinnvoll ist, will wohlüberlegt sein. Zum einen gehören Einwirkungen wie Lärm bis zu einem gewissen Grad zum Zusammenleben, zum anderen sind Nachbarn auch nach einem Prozess noch Nachbarn.
Bei den meisten Konflikten im Stockwerkeigentum, die nichts mit dem Nachbarschaftsrecht zu tun haben, geht es um Geld und unterschiedliche Perspektiven. Das pensionierte Ehepaar, das in ein paar Jahren ausziehen wird, hat andere Interessen als die junge Familie mit zwei Kindern, und will darum die Tiefgarage oder das Dach nicht sanieren. Viele, die eine Eigentumswohnung kaufen, sind sich nicht bewusst, dass die Kosten für Betrieb, Unterhalt und Erneuerung mit den Jahren den Kaufpreis übersteigen – und sie Teil einer Stockwerkeigentümergemeinschaft sind. Stockwerkeigentümer müssen regelmässig Geld in den Erneuerungsfonds einzahlen und bereit sein, im Sinne der Gemeinschaft auch mal gegen die eigenen Interessen zu entscheiden.
Stockwerkeigentümer entscheiden gemeinsam. Klare Regeln machen das einfacher. Jede Stockwerkeigentümergemeinschaft kann ihr eigenes Reglement aufsetzen. Meistens tut das der Bauherr oder Generalunternehmer, häufig verwendet er Vorlagen. Sinnvoller wäre ein Reglement, das die besonderen Umstände der Gemeinschaft berücksichtigt. Knifflige Punkte sind, neben der Kostenverteilung, die Flächen im Sondernutzungsrecht, beispielsweise der Garten der Parterrewohnung oder die Parkplätze vor dem Haus. Je genauer alle Rechte und Pflichten definiert sind, desto harmonischer werden Miteigentümer und Nachbarn zusammenleben. Gut zu wissen: Ohne Stockwerkeigentümerreglement gelten die Bestimmungen im ZGB (Artikel 712 ff.).
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