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Interview: Flavio Anselmetti über Erdbeben

Der Berner Geologieprofessor Flavio Anselmetti kennt Erdbeben und deren Ursachen. Im Interview erklärt er, warum die Schweiz auf spannungsreichem Untergrund steht.

 Die Schweiz steht auf spannungsreichem Untergrund
Die Wichtigkeit des Untergrundes.

Herr Prof. Anselmetti, woran denken Sie beim Wort Naturkatastrophe?

Ganz spontan kommen mir Flüsse und Bäche in den Sinn, die über die Ufer treten, auch Tsunamis oder Felsstürze , Lawinen und Murgänge, die Strassen und Gebäude unter sich begraben. Bilder von solchen Ereignissen auch aus der Schweiz sehe ich regelmässig am Fernseher oder in der Zeitung, deshalb sind sie mir nah. Als Geologe denke ich aber sofort auch an Erdbeben .

Sind Sie mit diesen Assoziationen eine Ausnahme?

Erdbeben gehen generell schnell vergessen. Das menschliche Erinnerungsvermögen ist so ausgelegt, dass wir uns an seltene Naturereignisse nicht lange erinnern. Und starke Erdbeben treten in der Schweiz selten auf. Nichtsdestotrotz ist ihre Gewalt vernichtend und die Schäden enorm.

Ist die Schweiz ein Erdbebenland?

Die Schweiz liegt mit Alpen, Mittelland, Jura und Rheingraben in einem geologisch komplex aufgebauten Gebiet. Die Kollision der tektonischen Platten von Afrika und Europa vor Jahrmillionen hat die Alpen und den Jurabogen geformt. Diese Spannungen im Untergrund sind heute noch vorhanden, und entladen sich von Zeit zu Zeit in Form von Erdbeben. Diese seismische Gefährdung führt zusammen mit der Beschaffenheit des Untergrunds und der betroffenen Werte zu erheblichen Risiken von Erdbebenschäden.

Wie häufig treten Erdbeben in der Schweiz auf?

Ein Blick auf die Homepage des Schweizerischen Erdbebendienstes zeigt, dass jeden Tag mehrere Beben in der Schweiz gemessen werden. Die meisten davon sind aber so schwach, dass sie nicht oder kaum gespürt werden. Dennoch gibt es immer wieder stärkere Beben. Ein Beben der Magnitude 5 tritt in der Schweiz im Schnitt so alle 10 Jahre auf, eines der Magnitude 6 ca. alle 100 Jahre.

Führten diese Erdbeben auch zu Schäden?

Erdbeben führten in der Schweiz immer wieder zu Schäden an Gebäuden und Infrastruktur und die stärksten haben auch Menschenleben gefordert.

Ist in der Schweiz auch ein Erdbeben in der Grössenordnung von Amatrice (2016) möglich?

Erdbeben, die eine Magnitude von 6 oder mehr erreichen, können eigentlich nirgends in der Schweiz ausgeschlossen werden. Es gibt in der Tat einige historische Beben, die in der Schweiz diese Stärke erreichten. Die Wiederkehrrate dieser Starkbeben kann aber je nach Region länger als das historische Gewissen sein, so dass die fehlenden Kenntnisse von Starkbeben nicht bedeuten, dass diese nicht auch stattfinden können.

Wann findet denn das nächste starke Erdbeben statt?

Das ist eine sehr schwierige Frage, die wir heute trotz intensiver Forschung nicht beantworten können. Nur eines ist sicher: Das nächste Erdbeben wird sicherlich stattfinden.

Sedimentforscher

 Flavio Anselmetti
Flavio Anselmetti
Flavio Anselmetti ist Professor für Quartärgeologie und Paläoklimatologie an der Universität Bern. Seine Forschungsprojekte befassen sich mit Sedimentablagerungen als Archive von Landschafts- und Klimaveränderungen, Erdbeben und Naturkatastrophen. Bekannt wurde er auch mit seinen Arbeiten zum Tsunami am Vierwaldstättersee von 1601.
  • Artikel von:
  • GVB Privatversicherungen AG und hausinfo
  • Bildmaterial:
  • zvg