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Wie reagiert der Immobilienmarkt auf die steigende Anzahl Single-Haushalte und die Überalterung der Gesellschaft? Dr. Donato Scognamiglio, CEO der IAZI AG sowie Dozent für Real Estate & Finance und Titularprofessor an der Universität Bern, erklärt die Trends, die in der Schweiz zu beobachten sind.
(tkl) Dr. Donato Scognamiglio ist CEO und Mitinhaber der IAZI AG, die alle drei Monate neue Zahlen zum Schweizer Immobilienmarkt publiziert. Aufgrund der jüngsten Daten betont er, dass Wohneigentum im Vergleich zur Miete weiterhin sehr attraktiv ist. Und das sind die weiteren Trends, die er beobachtet:
Angesichts der geplanten gesetzlichen Verschärfungen im CO2-Bereich gibt es ganz klar einen Trend hin zu ökologischeren Gebäuden. Das Bewusstsein dafür hat zugenommen, und das ist gut so. Mit erneuerbaren Energien zu heizen, ist nicht mehr nur «nice to have». Beim Ersetzen von Heizungen und bei Neubauten ist das klar zu beobachten. Ich würde diese «grüne Welle» ebenfalls als Trend bezeichnen.
Es gibt in unserer Gesellschaft einen Trend hin zur Vereinsamung. Der Flächenverbrauch pro Kopf ist gestiegen, weil es mehr Single-Haushalte gibt, kommt aber jetzt an Grenzen, weil es zu teuer wird.
Viele Familien könnten sich die Betriebskosten von Wohneigentum bei den heutigen Zinskonditionen leisten, schaffen es aber nicht, die Hürden für den Erwerb zu meistern. Das erforderliche Eigenkapital könnten sie vielleicht noch aufbringen, aber an der Tragbarkeitsregel der Finanzierungsinstitute scheitern sie. Bei einer Hypothekarschuld von 800'000 Franken bezahlen sie heute rund ein Prozent Zins, sie müssen aber aufzeigen, dass für sie auch ein Zins von vier oder fünf Prozent und eine Amortisation von einem Prozent tragbar wäre. 6 Prozent von 800'000 sind 48'000 Franken. Gemäss den Tragbarkeitsanforderungen müssen die Eigentümer ausweisen, dass sie mindestens dreimal mehr verdienen, also rund 150'000 Franken jährlich. Ein Schweizer Durchschnittshaushalt, der 80'000 Franken verdient, schafft diese Eintrittshürde nicht. 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer können deshalb weiterhin nur von einem Häuschen träumen. Wenn heute ein Ehepaar ein Haus kaufen will, müssen in der Regel beide berufstätig sein.
Gemäss mittleren demografischen Szenarien ist in der Schweiz in 30 Jahren eine Bevölkerungszunahme von 1,3 Millionen Menschen zu erwarten. Davon werden eine Million Rentner sein. Zu erwarten ist eine Überalterung wie in Japan. Der Immobilienmarkt muss auf diese Überalterung reagieren: Die älteren Menschen wollen andere Wohnflächen, sie möchten kein Einfamilienhaus auf dem Land, keine Treppen, sondern Wohnungen mit öV-Anbindung und in der Nähe von medizinischer oder pflegerischer Versorgung.
Stockwerkeigentum und Eigentumswohnungen boomen, weil diese Art des Wohneigentums preislich zwischen dem Einfamilienhaus und der Mietwohnung liegt. Für die hohen Immobilienpreise sind primär die Bodenpreise verantwortlich, und bei diesem Modell sinkt der prozentuale Anteil dieser Kosten. Zudem entspricht Stockwerkeigentum dem Urbanisierungstrend: Man ist Wohneigentümer, hat jedoch weniger Verpflichtungen als bei einem Einfamilienhaus. Zuletzt wurden jährlich 40'000 bis 50'000 Wohneinheiten neu gebaut. Die Hälfte davon sind Mietwohnungen, die andere Hälfte ungefähr zu gleichen Teilen Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Eigentumswohnungen sind tendenziell kleiner, was ganz klar auch durch die allgemein hohen Immobilienpreise bedingt ist.
Der Kauf von Wohnungen, die man weitervermietet, ist heute recht beliebt. Wer 200'000 Franken erspart hat, erhält heute auf dem Sparkonto keinen Zins dafür. Investiert er das Geld als Eigenkapital in eine Eigentumswohnung im Wert von einer Million, zahlt er für die 800'000 Franken Hypothek heute 8000 Franken, kann aber einen Mietzins von 25'000 Franken verlangen. Die Differenz von 17'000 sind in Relation zu den investierten 200'000 Franken eine schöne «Rendite». Das Wertänderungsrisiko der Immobilie wird dabei ausgeblendet. Wenn die Wohnung plötzlich nur noch 900'000 Franken wert ist, ist die Hälfte der investierten 200'000 Franken verloren. Vielleicht wird es auch in diesem Bereich demnächst strengere Spielregeln geben.
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