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Haus verkaufen: Eigentümerwechsel trotz Mietvertrag in der Schweiz

Was passiert mit dem Mietvertrag und mit den Rechten und Pflichten der Eigentümerschaft und der Mieterschaft, wenn ein Mehrfamilienhaus oder eine vermietete Eigentumswohnung verkauft wird? Ein Eigentümerwechsel hat Folgen – und verunsichert vor allem die Mieterschaft.

Eigentümerwechsel trotz Mietvertrag in der Schweiz
Ein Eigentümerwechsel hat Folgen – und verunsichert vor allem die Mieterschaft.

(rh) Der Grundsatz «Kauf bricht Miete» gilt seit 1990 nicht mehr. Wenn Eigentümer:innen ihre vermietete Eigentumswohnung oder ihr Mehrfamilienhaus verkaufen, gehen mit dem Grundbucheintrag sämtliche Rechte und Pflichten an die Käuferschaft über. Dies gilt auch für alle Mietverträge. Das bedeutet, dass die neue Eigentümerschaft und bisherige Mieterschaft keinen neuen Mietvertrag unterschreiben müssen – der alte Vertrag bleibt bestehen. In diesem Artikel fassen wir zusammen, was für die Verkäuferschaft, die neue Eigentümerschaft und die Mieterschaft rund um den Hausverkauf wichtig ist.

Besichtigungen vor dem Hausverkauf

Die Eigentümerschaft hat das Recht, das Haus und die einzelnen Wohnungen mit Kaufinteressenten zu besichtigen, bis die Liegenschaft verkauft ist. Sie muss die Besichtigung jedoch mit der Mieterschaft absprechen, im Voraus ankündigen und die Privatsphäre so weit wie möglich schützen. Die Mieterschaft kann anwesend sein, muss es aber nicht. Sie kann grundsätzlich eine angemessene Mietminderung für die Zeit der Besichtigung verlangen, da sie ihre Wohnung nur eingeschränkt nutzen kann. Wenn die Eigentümerschaft Fotos für die Verkaufsdokumentation oder die Käufersuche im Internet machen will, muss sie die Privatsphäre der Mieterschaft schützen und zum Beispiel Möbel abdecken oder wegstellen. Die Wohnung darf nicht ohne Zustimmung der Mietenden fotografiert werden.

Vorkaufsrecht für die Mieterschaft

In der Schweiz hat die Mieterschaft kein Vorkaufsrecht. Deshalb muss die Eigentümerschaft sie auch nicht informieren, wenn sie ihr Haus verkaufen will. Nur einzelne Kantone kennen unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht für die Mieterschaft. Im Kanton Genf zum Beispiel hat die Mieterschaft das Recht, das gemietete Haus oder die gemietete Wohnung zu kaufen, wenn sie länger als 3 Jahre darin lebt, keine Kaufverpflichtung für die anderen Mietenden entstehen und 60 Prozent der Mieterschaft dem Verkauf zustimmen.

Kündigung vor dem Hausverkauf

Da die Schweiz kein Vorkaufsrecht für die Mieterschaft kennt, kann die Eigentümerschaft vor dem Verkauf des Hauses alle Mietverträge kündigen. Die Kündigungen müssen allerdings rechtsgültig sein. Das bedeutet, dass die Verträge mit einer Frist von mindestens drei Monaten zum Quartalsende (bei unbefristeten Mietverträgen) oder zum Vertragsende (bei Mietverträgen, die sich automatisch verlängern) gekündigt werden müssen. Die Mieterschaft kann die Kündigung innert 30 Tagen bei einer Schlichtungsstelle für Mietsachen anfechten. Als missbräuchlich gilt eine Kündigung, wenn die Vermieterschaft die Mieterschaft zum Kauf der Wohnung bewegen will oder wenn die Vermieterschaft der Mieterschaft wegen Streitigkeiten oder Spannungen kündigen will, um die Wohnung zu räumen.

Kündigung nach dem Hausverkauf

Die neue Eigentümerschaft ist an die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen und -termine gebunden. Sie kann jedoch unmittelbar nach dem Kauf dringenden Eigenbedarf geltend machen und den Vertrag mit einem Sonderkündigungsrecht auflösen. Gemäss Artikel 261 Absatz 2 OR kann die neue Eigentümerschaft «das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht». Lässt er diese Kündigungsfrist verstreichen, muss er sich an die im Mietvertrag festgelegten Kündigungsfristen und -termine halten. Die Mieterschaft kann die Kündigung innert 30 Tagen anfechten und in begründeten Härtefällen eine angemessene Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen.

Mietzinserhöhung nach dem Hausverkauf

Gemäss Artikel 269a OR kann die neue Eigentümerschaft die Mietzinse erhöhen, beispielsweise um sie den orts- und quartierüblichen Mietzinsen anzupassen oder wenn sie eine ungenügende Bruttorendite erwirtschaftet. Beruft sie sich auf die ungenügende Bruttorendite, muss sie die Erhöhung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin nach dem Grundbucheintrag verlangen. Verpasst sie diesen Termin, kann sie sich nicht mehr auf die ungenügende Rendite berufen. Ficht die Mieterschaft die Mietzinserhöhung an, muss die neue Eigentümerschaft vor der Schlichtungsstelle beweisen, dass die Rendite ungenügend ist. Ist sie ungenügend, weil der Kaufpreis übersetzt war, darf die neue Eigentümerschaft die Mieten nicht erhöhen.

Häufige Fragen

  • Artikel von:
  • hausinfo
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