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Lärm ist der Anfang vieler Nachbarstreitigkeiten. Kein Gesetz regelt eindeutig, was erlaubt und was verboten ist. Im Prinzip können Verletzungen der Ruhezeit oder der Nachtruhe der Polizei gemeldet werden. Sinnvoller ist es aber, mit den Nachbarn zu reden und gemeinsam eine Lösung zu suchen.
(rh) Die meisten Vorgaben lassen viel Spielraum offen. Das Zivilgesetzbuch verpflichtet in Artikel 684 Mieterinnen und Mieter nur, sich übermässiger Einwirkungen auf ihre Nachbarinnen oder Nachbarn zu enthalten. Was noch geduldet werden muss, müsste aber ein Gericht im Einzelfall beurteilen. Das Mietrecht wird im Obligationenrecht geregelt und schreibt in Artikel 257f Absatz 2 Mieterinnen und Mietern lediglich vor, Rücksicht auf ihre Nachbarinnen oder Nachbarn zu nehmen. Wo die Grenze zwischen Toleranz und Rücksichtslosigkeit liegt, steht nirgendwo. Am konkretesten sind die Vorgaben in den kommunalen Polizei- und Gemeindeverordnungen, die unter anderem Ruhezeiten und eine Nachtruhe vorschreiben:
Gut zu wissen: In der Sommerzeit verschieben immer mehr Gemeinden den Beginn der Nachtruhe am Freitag, am Samstag und vor öffentlichen Feiertagen auf 23 Uhr.
Wenn die Hausordnung im Mietvertrag erwähnt wird, ist sie verbindlich und hält alle Rechte und Pflichten fest. Sie regelt unter anderem die Nachbarschaftsbeziehungen, sollte aber vernünftig und verhältnismässig sein. Sie darf die Mieterinnen und Mieter nicht zu stark einschränken und ihnen beispielsweise verbieten, nach 22 Uhr kurz zu duschen. Sie darf aber ein Bad während der Nachtruhe verbieten, weil das Badewasser einlassen laut ist und die Nachbarinnen oder Nachbarn stören könnte.
Nicht alle empfinden Lärm gleich. Laut spielende oder lachende Kinder stören die Eltern weniger als das kinderlose und ruhesuchende Paar, dessen Gartensitzplatz an den Spielplatz grenzt. Kinderlärm gilt aber in Wohnquartieren als üblich und muss darum akzeptiert werden, solange die Kinder nicht an unüblichen Orten wie in der Eingangshalle des Hauses oder zu unüblichen Zeiten lärmen. Das müssen Nachbarinnen und Nachbarn während der Ruhezeit beziehungsweise Nachtruhe nicht still dulden:
Kinder sind manchmal laut. Sie dürfen und sollen lachen, lärmen und spielen, solange sie auf dem Spielplatz, in ihrem Zimmer oder auf der Wiese spielen und sich an die Ruhezeit beziehungsweise Nachtruhe halten. Ein Auge zudrücken müssen Nachbarinnen und Nachbarn beispielsweise, wenn ein Baby mitten in der Nacht schreit oder weint. Falls ein Vermieter keinen Kinderlärm im Haus will, sollte er kinderlose Mieterinnen und Mieter auswählen, darf aber im Vertrag nicht vorschreiben, dass sie keinen Nachwuchs bekommen dürfen. Das würde ihre Persönlichkeitsrechte verletzen, darum wäre der Passus nichtig.
Musizieren ist ein Persönlichkeitsrecht und kann weder im Mietvertrag noch in der Hausordnung verboten werden. Nachbarinnen und Nachbarn müssen bis drei Stunden Musik am Tag ausserhalb der Ruhezeit und Nachtruhe dulden. Ausnahme: Schlagzeug oder Trompete gehen über den zumutbaren Rahmen hinaus. Der Vermieter dürfte den Vertrag kündigen, wenn sich Nachbarinnen und Nachbarn beschweren.
Die meisten Mietverträge verbieten die Tierhaltung oder machen sie vom Einverständnis des Vermieters abhängig. Dennoch dürfen Mieterinnen und Mieter Kleintiere wie Hamster, Kanarienvögel, Meerschweinchen, Wellensittiche, Zierfische oder Zwergkaninchen halten, solange es nicht zu viele sind und sie nicht zu viel Lärm machen. Im Prinzip gilt der Grundsatz «Was nicht verboten ist, ist erlaubt».
Die Regeln sind nicht 100 Prozent klar formuliert und bauen stark auf Rücksicht und Toleranz auf. Reden Sie mit dem Nachbarn, der Sie jeden Sonntagmorgen mit seinem Geigenspiel weckt, und suchen Sie eine Lösung. Wenn das Gespräch nichts fruchten sollte, listen Sie alle Lärmbelästigungen detailliert auf. Mit diesen Notizen können Sie den Vermieter informieren und ihn auffordern, für Ruhe zu sorgen. Wenn die Störungen über den zumutbaren Rahmen hinausgehen, haben Sie allenfalls Anspruch auf eine angemessene Mietzinsreduktion. Falls Sie sich nicht mit dem Nachbarn und/oder Vermieter einigen können, kann die kantonale Schlichtungsstelle vermitteln, eine Lösung suchen und den Streit schlichten.
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