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Hochwasser, Sturm, Erdrutsche, Lawinen oder Hagel: Elementarereignisse treffen Gebäude in Extremfällen mit grosser Wucht. Welche Art Elementarschadenprävention empfiehlt sich, was ist beim Bauen zu berücksichtigen und wer haftet im Schadenfall?
(stö) Hagel, Sturm und Überschwemmungen verursachen jährlich in der Schweiz Gebäudeschäden von 275 Millionen Franken. Der grösste Schadenanteil fiel in den letzten zehn Jahren auf Hagelschlag. Auf die Anzahl der Schadenfälle bezogen ist statistisch gesehen das Risiko, dass das Eigenheim von einem Sturm in Mitleidenschaft gezogen wird, allerdings am höchsten.
Wo welche Gefahren durch Elementarereignisse drohen, können Grundstück- und Hausbesitzerinnen und -besitzer an verschiedenen Stellen in Erfahrung bringen. Eine wichtige Quelle sind die Gefahrenkarten deren Erarbeitung vom Bund finanziell unterstützt wird. Die Gefahrenkarten, Intensitätskarten und Gefahrenhinweiskarten werden je nach Kanton von diesen oder den Gemeinden erstellt und können auf den kantonalen Geoportalen eingesehen werden. Aber Achtung: Gefahrenkarten bilden jeweils nur den Zustand zum Zeitpunkt der Erarbeitung ab. Aufgrund von Schutzprojekte, die nach der Erbeitung realisiert wurden oder aufgrund veränderter Rahmenbedingungen müssen sie periodisch aktualisiert werden.
Wer das Risiko eines Gebäudeschadens verringern möchte, kann sich auf der Website www.hagelregister.ch zur Hagelresistenz von Baumaterialien informieren. Die Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) bietet hier einen Katalog, in dem Bauteile aufgeführt werden, die auf Hagelsicherheit geprüft worden sind.
Mit dem Ziel, Gebäudeschäden durch Elementarereignisse zu reduzieren, betreibt die Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) die Informationsplattform www.schutz-vor-naturgefahren.ch. Sie erlaubt Hauseigentümern, Architekten und Planern eine erste Einschätzung der Betroffenheit eines Gebäudes vor Naturgefahren und zeigt unter anderem auf, mit Schutzmassnahmen Gebäude vor Naturgefahren geschützt werden können.
Die Fachstelle Naturgefahren der Gebäudeversicherung Bern berät Gebäudeeigentümer kostenlos und leistet Beiträge an die Planung und an die Ausführung von freiwilligen Massnahmen zum Schutz vor Naturgefahren.
Aktuelle Gefahren (Wind, Gewitter, Niederschlag, Schnee etc.) sind der Unwetterkarte vom App «Wetter-Alarm» zu entnehmen.
Prävention zahlt sich für Hausbesitzerinnen und -besitzer aus. Es gibt gegen die unterschiedlichen Gefahrenarten einige einfache und effiziente Massnahmen gegen Elementarereignisse:
Vorausgesetzt, Sie planen ein Bauvorhaben in einem Gebiet, das durch Hochwasser, Erdrutsch, Murgang, Steinschlag oder Lawinen besonders gefährdet ist, müssen Sie ein entsprechendes Gutachten zu den Naturgefahren erstellen lassen. Die kantonalen Fachstellen unterstützen Sie dabei. Das Gutachten mit den entsprechenden Empfehlungen ist dem Baugesuchsunterlagen beizulegen. Bei der Ausführung des Bauvorhabens sind die entsprechenden SIA-Normen einzuhalten. Bei Bauten in gefährdeten Gebieten gelten zudem auch besondere Anforderungen an den Unterhalt der jeweiligen Bauteile.
Als Hilfsmittel für alle Bauherren oder dessen Vertreter (Architekten) kann die neue SIA-Dokumentation D 0260 «Entwerfen und Planen mit Naturgefahren im Hochbau» dienen. Hierbei wird das richtige Erkennen von Naturgefahren und das Umsetzen von entsprechenden Schutzmassnahmen erläutert. Von der strategischen Planung, über die Projektierung und Ausführung bis hin zur Bewirtschaftung von allfälligen Objektschutz-Massnahmen.
Ein Spezialfall sind Bauten ausserhalb von Bauzonen, da die Gefahrenkarten in der Regel nur im Bereich der Bauzonen detailliert aufzeigen, wo Naturgefahren (Hochwasser, Sturz, Rutsch und Lawinen) potenziell vorkommen können. Je nach Standort wird im Rahmen des Baubewilligungsverfahren eine detaillierte Gefahrenabklärung gefordert.
Während Gesetze vom Gesetzgeber beschlossen werden, legen Organisationen, wie z.B. der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein SIA, Richtlinien, Merkblätter oder Empfehlungen fest, die die anerkannten Regeln der Baukunde und der Technik beinhalten. Entspricht eine Baute nicht den anerkannten Regeln der Baukunde oder dem Stand der Technik, so kann die Gebäudeversicherung bei einem Schadenereignis die Leistung kürzen. Je nach Kanton verweisen sogar die Gesetze oder die Verordnungen auf die Fachorganisationen oder deren Dokumente.
Vor Hochwasser oder rutschenden Hängen sind die wenigsten Hausbesitzer gefeit. Die Haftung trägt der Hauseigentümer bzw. dessen Versicherung. Nur wenn Behörden die Gefahrensituation offensichtlich ignorieren, kann eine Staatshaftung zum Tragen kommen.
Im Prinzip kann niemand für Naturgefahren verantwortlich gemacht werden. Beim alltäglichen Umgang damit, so etwa beim Bauen, stellen sich hingegen oft verzwickte Rechtsfragen: Wer stellt die Naturgefahren fest und stimmen die Prognosen mit dem effektiven Ausmass überein? Welche Massnahmen sind vorbeugend zu treffen und wer trägt die Verantwortung, wenn diese nur teilweise wirken?
Die Verantwortung ist schnell geklärt: Nimmt die Behörde ihre Sorgfaltspflichten wahr, ist sie meistens fein raus. Eine Staatshaftung wird primär nur dann wirksam, wenn die Erkenntnisse aus der Gefahrenanalyse wissentlich ignoriert und die Gefahrenkarte zum Beispiel nicht in den Zonenplan integriert worden ist.
Dass sich die öffentliche Hand aber nicht aus der Verantwortung stiehlt, macht ihr Engagement für die Prävention klar: Fast zwei Milliarden Franken geben Bund, Kantone, Gemeinden und weitere sicherheitsverantwortliche Stellen jährlich für den Schutz vor Naturgefahren aus. Dazu gehören unter anderem teure Schutzbauten, wobei die Behörde ein gewisses Risiko übernimmt. Ebensolches gilt für mangelhaft unterhaltene Dämme oder zu gering dimensionierte Abwasserkanäle. Aber auch diese Hürden sind hoch: Sachliche Fehler müssen im konkreten Schadensfall nachgewiesen werden.
Und daneben verlangen die Gerichte, dass auch die finanzielle Zumutbarkeit bejaht werden kann. Denn die Behörde ist nicht verpflichtet, alle erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, sondern wird von Gesetzes wegen zum zweckmässigen Handeln und zu zumutbaren Vorsichtsregeln aufgefordert. Nur falls diese ganz unterbleiben – wider besseres und vorhersehbares Wissen –, wird auch eine Haftung übernommen. Bei Bauten in gefährdeten Gebieten sind die Behörden deshalb angehalten, Schutzauflagen zu verfügen. Ein sicheres Haus zu bauen, liegt jedoch weiterhin in der Verantwortung des Bauherrn.
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